Analoge Räume

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Still und mit gesenktem Haupt bewegen sich mehr und mehr, vor allem junge Menschen durch die Straßen. Die Sneaker-Schritte auf realem Asphalt, das Bewusstsein hineingesogen in eine smarte Parallelwelt.Ein Paar in einem Café, die Augen nicht einander zugewandt, sondern jede(r) für sich fokussiert auf das Bildschirmtor zum digitalen Eigentlich.Das Kleinkind, noch kaum eines Wortes fähig, aber schon in Touch mit dem Gerät, das es beruhigt und seinen Bewegungsdrang minimiert. „Mothers little helper“ sangen einst die Stones, auch wenn sie, es waren die sechziger Jahre, die kleinen gelben LSD-Pillen meinten und nicht die damals noch unvorstellbaren smarten Tranquilizer für die ganze … weiterlesen

Der weinende Prophet. Nachösterliche Gedanken

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Stets neu wird die Metapher vom christlichen Abendland hervorgekramt und wie eine Hostie empor gehoben, wenn das kulturelle Selbstverständnis mit sich ringt, weil es seine vorgegeben scheinende Unhinterfragbarkeit doch in Frage gestellt sieht. Die dabei das christliche Fundament am Lautesten beschwören, verleugnen es allerdings zugleich durch Wort und Tat mit erstaunlich konsequenter Regelmäßigkeit. In Krisenzeiten zeigt sich die Diskrepanz zwischen dem Anspruch einer glanzlos gewordenen Monstranz und der nach Rechtfertigung suchenden sogenannten christlichen Lebenspraxis in aller Deutlichkeit. Um den Stifter dessen, was christlich genannt wird, jenen Jesus von Nazareth, schert man sich dabei wenig bis gar nicht. Ja, es klingt … weiterlesen

Handicap und Zeitenwende. Ein besonderer Blick

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Ein Gastbeitrag von Hans-Willi Weis Was mich beim bloßen Gedanken an Katastrophe oder Krieg beunruhigt: Wo es von einer Sekunde zur anderen heißt, rette sich, wer kann, sind Behinderte übel dran. Mehr als andere jedenfalls. Angewiesen auf Rücksicht und Hilfe in einem Moment, da gefühlt nur der egoistische Ellbogen die eigene Haut noch zu retten verspricht. Beides, Katastrophen und Krieg, rührt an Urängste, provoziert primitive Reflexe, startet das psychophysiologische Überlebensprogramm von Kampf oder Flucht. Zu beidem, Kämpfen oder Flüchten, sind wir Behinderten denkbar schlecht disponiert. Allerdings finde ich dort, wo Behinderte sich öffentlich oder medial mit eigener Stimme zu Wort … weiterlesen

Gnade

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Sie gehört zu den Begriffen, die aus der Mode kommen oder besser: sich im Wahrnehmungsraum kultureller Selbstverständlichkeiten langsam auflösen. „Gnade vor Recht“ ergehen lassen – das mag sich als Bedeutung noch halten. Sie als Wesensgrund des Seins schlechthin zu verstehen, grenzt an Unverständnis in einer Zeit, der es beigegeben ist, das Leben mit all seinen Möglichkeiten nicht nur als unhinterfragt anzusehen, sondern einen Anspruch darauf zu reklamieren. Was meint Gnade? Dem Menschen widerfährt ein Wohlergehen ohne eigenes Zutun. Es kann nicht eingefordert, ja nicht einmal erwartet werden. Gnade entzieht sich der Verfügbarkeit. Sie tritt in die Existenz wie ein unvorhergesehenes, … weiterlesen

Verunsicherung und Halt

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Sie hat viele Facetten. Auf ihrem Streifzug durch das Gegenwärtige berührt sie nicht nur einzelne Menschen und Menschengruppen. Institutionen, Staaten und Kulturen sind infiziert. Manchmal scheint es gar, dass die Menschheit als Ganzes von ihr betroffen ist. Verunsicherung liegt wie ein Schleier über den individuellen und kollektiven Bewusstseinsfeldern. Wer sie feststellt, muss allerdings Vorstellungen von Sicherheit in sich tragen. Ansonsten ließe sich das Defizit nicht reklamieren. Und mit den Illusionen von Sicherheit beginnt das Problem. Mehr Binsenwahrheit kann wahrlich nicht formuliert werden, als die Feststellung zu pflegen, dass es Sicherheit nicht gibt, allenfalls eine fragile Beständigkeit auf Zeit, die abhängig … weiterlesen

Allmacht und Ohnmacht. Vorläufige Gedanken vor Ostern

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Sich selbst zum Bilde schuf der Mensch die Gottheit, nach seiner Vorstellung entwarf er sie… Was Liebe, Zuwendung, Heilung, Bewahrung und Ermöglichung auf der einen und willentlichen Hass, willentliche Vernichtung und willentliches Böses auf der anderen Seite betrifft, lebt die Welt in Spaltung. Sie ist von einem unüberbrückbar scheinenden Riss, der jederzeit und überall aufbrechen kann, durchzogen. Daran ändert auch keine Beschwörung eines Eins- und Verbundenseins etwas. Einssein ist ein Hintergrundimpuls, der allem Werden und Vergehen als Ausgangspunkt diente und in dem alles auf Ewigkeit ruht. Aber es hebt manche gewordene Trennung nicht auf und heilt bzw. überwindet nicht alles, … weiterlesen

Prometheische Wandlung

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Die freundschaftliche und fürsorgliche Zuwendung zum Menschen war mit einem hohen Preis verbunden. Nachdem er dem Sonnengott Helios Feuer gestohlen und es wider den Willen des Göttervaters den Menschen gebracht hatte, ließ der erzürnte Zeus Prometheus, Sohn der Titanen, an eine Felswand im Kaukasus ketten. Täglich kam ein Adler geflogen, der ihm die stets nachwachsende Leber aus dem Leibe biss. Erst ferne Zeiten später befreite ihn Herakles und tötete den Adler mit einem Pfeil. Der griechischen Mythologie zufolge verdanken die Menschen Prometheus, dem Vorausdenkenden, nicht nur den Zugriff auf das Feuer, sondern ihre gesamte Existenz. Mit Unterstützung der Weisheitsgöttin Athene … weiterlesen

Stille

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Die Seele hält inneÖffnet den RaumWorte verstummenGedanken vertraunOdem kommt und Odem gehtDas Atmen wird Gebet Stille trügt nichtIhr Wesen ist tiefWunderbar klarVon Innen wahrUnd Odem kommt und Odem gehtDas Atmen ist Gebet Hinter der StilleEine eigene WeltEin UniversumEndlos und weitJenseits aller drängenden ZeitUnd Odem kommt und Odem gehtDas Atmen ist Gebet Vertrauen hält in stiller WeltMütterlich geborgenDas Ego verblasstDas Wesen befreitBegegnet sich selbstEntledigt von SorgenUnd Odem kommt und Odem gehtDas Atmen ist Gebet Der Hunger gestilltDas Herz berührtDie Sehnsucht ZuhauseZur Fülle geführtUnd Odem kommt und Odem gehtDas Atmen ist Gebet Frieden herrscht im InnenraumKein Hader oder ZwistSchweigen führt den MenschenZum … weiterlesen

Das Wechselspiel von Innen und Außen

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„Nur jene können wahrhaft diese Welt genießen, die mit der unsichtbaren beginnen…Nur diejenigen Menschen können die Welt gebrauchen, die gelernt haben, sie nicht zu mißbrauchen.“ (John Henry Newman, 1801 – 1890) Der britische Theologe spricht die Polarität in unserer Existenz an. Sie zeigt sich in Sichtbar und Unsichtbar, Gut und Böse, Hell und Dunkel, Liebe und Hass, Haben und Lassen, vor allem aber Innen und Außen. Deren wechselseitige Bezogenheit zu verkennen, mindert das Leben. Es raubt den Reichtum, lässt die Schönheit verblassen, nimmt die Tiefe. Seine Farbe ist grau. Das universale Grundgesetz der Resonanz als Seinsprinzip lehrt uns nicht nur nüchtern … weiterlesen

Das Gewissen – nicht nur in Zeiten des Krieges

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Ob denn Waffenlieferungen in einer Kriegssituation an die überfallene und angegriffene Partei zu billigen seien – der Frage ging ich in meinem vorletzten Blog-Beitrag nach und habe mich positioniert. Die Entscheidung folgte einer Rationalität, wie sie die Bergpredigt unmissverständlich zum Ausdruck bringt und wie sie etwa auch die Freiheits- und Friedenskämpfer Nelson Mandela und Mahatma Gandhi zu leben versuchten: Der Weg zum Frieden liegt allein im Frieden, in der Haltung der Friedfertigkeit selbst. „Ahimsa“ ist in den asiatischen Religionen der Begriff dafür – wir können ihn übersetzen als „Geist des Nichtverletzens“. Und doch, auch wenn man lange geprüft, abgewägt und … weiterlesen