Unsere Zeit leidet an überbordender Gewalt. Sie leidet zugleich an mangelndem Aufbegehren gegenüber Gewalt und Gewaltverhältnissen. Gewalt hat überall da freie Bahn, wo ihr keine Zivilcourage gegenübertritt. Manche lammfromm auftretende Zeitgenossen, die der Gewalt vor ihren Augen ausweichen, erweisen sich dann eben bloß als feige. Der Friedenskämpfer und moderne Prophet der Gewaltlosigkeit, Mahatma Gandhi, schrieb 1924: „Meine Gewaltlosigkeit erlaubt es nicht, vor der Gefahr wegzulaufen und seine Lieben ohne Schutz zu lassen. Wenn die Wahl zwischen Gewalttätigkeit und feiger Flucht zu treffen ist, dann ziehe ich die Gewalttätigkeit vor…Gewaltlosigkeit ist der Gipfel der Tapferkeit…Ich begann, Gewaltlosigkeit erst dann zu schätzen, … weiterlesen
Radikalisierte Zeit
Wir sind inmitten der Woche, in der es um Wahrheit, Wahrhaftigkeit und Klärung geht. Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag, Ostersonntag… Das letzte gemeinsame Mahl – oder auch: Göttliches und Menschliches an einem Tisch vereint… Verrat, Demütigung, Nichtverstehen, Leiden, Einsamkeit, Tod… Abgrundtiefe Stille, Leere, das empfundene Nichts… Wandlung, Erwachen, Neubeginn… Wir werden mit exemplarischen Lebensstationen konfrontiert, die jedem von uns in jeder Stunde begegnen können; manchmal auch als Täter, manchmal als Opfer. Und jeweils ist es eine besondere, eine herausragende Zeit. Auf ihre Weise enthält sie unendlich viel an Erfahrung, Erkennen und Transformation. Es ist Kairos-Zeit. Etwas bricht auf existentielle Weise ein in … weiterlesen
Ahimsa
Mahatma Gandhi führte auch in den westlichen Kulturraum den Begriff Ahimsa ein. Er prägt die Ethik in allen fernöstlichen Religionen. Gandhi selber übersetzte ihn als „spirit of nonviolence“: Geist des Nichtverletzens. Er gilt gegenüber allem Leben, nicht nur dem des Menschen. Wo wir uns nicht bereithalten, schwächeres Leben mit unseren Möglichkeiten zu schützen, machen wir uns schuldig. Das Nichtverletzen heute steht allerdings nicht nur im Vorzeichen des Respekts, der Ehrfurcht und der Würdehaftigkeit allen Seins, es muss auch der Pflege, der Bewahrung und der Wiederherstellung von Lebensvielfalt dienen. Aus Vielfalt besteht das Wesen der Schöpfung. In Vielfalt will das Kleid … weiterlesen
Die Kraft des Mitleids
Das Mitleid hat es schwer in unserer Zeit. Die Menschheit wird von Bildern des Leids in einem Maße überschwemmt, dass feinere und unterscheidbare Empfindungen ersticken. Fremdes, telegen zugerichtetes Leid, dient als Stilmittel und Quotenbeschaffer für das Universum der elektronischen Medien und der Presse und zugleich bedient es voyeuristische Instinkte der Mediennutzer. Zu dieser Ausbeutung des Leids treten Gewöhnung und Abstumpfung. Dahinter kann sich dann umso besser verbergen, was an Leid dem Blick der Öffentlichkeit und des Einzelnen bewusst entzogen werden soll. Wo die Kraft des Mitleids sich nicht kultiviert und entfaltet, dort sehen wir uns mit innerer Verhärtung und Verrohung … weiterlesen