Stell mich hin, wo du willst

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Unsichere Zeiten zerfließender Gewissheiten und zunehmend fragiler Strukturen sind gekoppelt mit dem Auftreten und Erstarken von Personen, Gruppierungen und Staatenlenkern voll dröhnender Selbstgewiss- und Selbstgerechtigkeit. Sie verordnen Einfachheit im Denken, wo Umgang mit Komplexität gefordert ist; sie erwecken archaische Dualismen und eine entsprechende Auf- und Einteilung der Welt – in gut und böse, gerecht und ungerecht, richtig und falsch. Im schlimmsten Falle berufen sie sich dabei auf das, was sie Gott nennen. Ein Verwerfnis. In den heiligen Schriften werden Warnungen ausgesprochen, nicht „im Rat der Gottlosen“ zu wandeln (etwa in Psalm 1), bei nichts zu bleiben, was nicht wahrhaft Gott … weiterlesen

Auf dem Weg der reinen Sehnsucht

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Dass der Mensch ein Sehnsuchtswesen sei, wer wollte das bestreiten.Dass er überhaupt erst Mensch wird durch seine Sehnsucht – auch das einsehbar. Die Sehnsucht ist Taktgeber und Kompass der Existenz. Sie drängt in die Ziele. Es war die Sehnsucht, die uns in das erste Erwachen führte. Damals, vor vielen tausend Jahren am Übergang vom magischen zum mythischen Zeitalter. Die große Seinsfrage, eine ihr folgende Idee und zugleich ein Spüren und Ziehen suchten sich Raum. „Wer bin ich, wo komme ich her, wohin führt mich mein Weg? Was ist das, was von mir Besitz ergreift und mich nach oben schauen lässt?“ … weiterlesen

Liebe ist analog

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Auf dem Weg zu Tochter und Enkeln fuhr ich die letzte Strecke auf einer Anwohnerstraße, die allerdings mit breitem Bürgersteig ausgestattet ist. Mitten auf der Straße lief eine sehr junge Mutter, den Säuglings-Kinderwagen mit der rechten Hand schiebend, mit der linken ein Smartphone haltend, in das sie hochkonzentriert blickte. In den Ohren Kopfhörerbuchsen. Sie hörte mich nicht kommen. Dem nach unten abgewinkelten Kopf wäre vermutlich auch ein von vorne anbrausender münsterländer Trecker entgangen. ‚Der sollte man das Kind abnehmen‘, dachte ich in erstem Unverständnis, verbunden mit einem leisen Anklang von Wut. Um dann an der inneren Nachfrage zu scheitern: Wohin … weiterlesen

Das Menschheitsgewissen – 150 Jahre Albert Schweitzer

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Am 14. Januar 1875 wurde Albert Schweitzer in Kaysersberg im Oberelsaß geboren. Es begann ein Leben, das mit „außergewöhnlich“ nur unangemessen zu charakterisieren ist:Begründer einer alles umfassenden Seinsethik, in deren Zentrum die „Ehrfurcht vor dem Leben“ steht; herausragender Bach-Kenner und Bach-Interpret; Mediziner und weltberühmter „Urwaldarzt“ in Lambarene; Kämpfer gegen Atomwaffen und Friedensnobelpreisträger; Pfarrer, Theologe und Leben-Jesu-Forscher; ein guter, dem Leben dienender Mensch. Von seine Zeit weit überschreitender Bedeutung sind daneben die kulturkritischen und kulturphilosophischen Schriften, Reden und Predigten. Tief ragen sie, teilweise mehr als hundert Jahre alt, in die Gegenwart hinein. Ja, sie beleuchten die geistige Verwahrlosung und ethische Entwurzelung … weiterlesen

Die Tür

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Die Schwelle lädt einZum InnehaltenEinen Augenblickdie Seelesich ausdehnen lassen Das Herz schlägt dannhin zu sich selbstzum Rhythmusder ihm eigen Atemfluss umfasstDahinter und Davorals Einheit Viele Türen durchlaufen wir unbemerktVor anderen stoppt der SchrittNichtwissend was wartetSchicksalhaftes erahnend Manchen nähern wir unsauf vorgezeichnetem WegEn passantEine Etappe beendendschon inmitten der neuen Schwer werden Übergängein herrschender Finsternis Licht hinter der Türaber verleiht Flügelhin zum Ende des Tunnels Ahnenwelt und LebensreichGeistwelt und Diesseitigkeitsind durch die Tür verbundenBegegnunghält Orientierungin Balance Aus einem alten Raumzieht Sehnsuchtin unverbrauchte Zeit Zerteilen die Händeden Widerstandvor dem Sehnsuchtslandbleibt beim Schritt durch die Türdas Böse zurück Hoffnung scheint der SuchbewegungDunkel bleibt GefährtinSchatten … weiterlesen

Ich fürchte dich nicht, mein neues Jahr – Übergangsgedanken

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Auch wenn du dichwie immergleichgültig gibstdaherkommst wie gewohnteinschläferstmit unhinterfragten Routinenbelanglosem Geredeund erschöpfenden Wiederholungen Heute mache ich dich besonders… neuer Tag Ich werde andere Wege gehenden Nachbarn ansprechenmit den Vögeln singenetwas Schönes tundie Stille einladenund dich trotzdem nicht vor dem Abend loben Vielleicht wirst du die letzte seinin diesem LebenDoch ich werde das nicht beklagenselbst wenn du überraschend kommstohne Vorankündigung… meine Stunde Auch wenn die Rosendann eher Dornen tragenals BlütenAuch dannmöchte ich noch singenoder wenigstens summenmich hingebenan den Zauber des Seins Mit dem letzten Atemzugdas Leben aufnehmenund es dannim Ausatem übergebenan die zeitlose Stilledes Grundesaus dem ich kam Im Zwischenraumzwischen den … weiterlesen

Mensch werden

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„Der Mensch ist ein Entwurf zu etwas,das mehr ist als er; aber während desletzten Äons ist es ihm auf bestürzendeWeise gelungen, weniger zu sein,als was er gemeint ist.“(Jean Gebser) Das zu ändern – davon spricht Weihnacht. Trotz endlos scheinender Wiederholungen: die mythisch verklärte Begebenheit von wundersamer Empfängnis und Geburt ist als Weihnachtsgeschichte nicht auserzählt. So lange Menschen leben, bedarf sie der Vergegenwärtigung – als Erinnerung an die Zukunft der eigenen Menschwerdung; an das Erwachen der göttlichen Wesenheit in uns. Das in Jesus von Nazareth durchscheinende Absolute weist auf das wahre Wesen eines Menschen hin, auf eine noch weitgehend unentdeckte und … weiterlesen

Zeit, sich Wundern zuzuwenden

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Es ist ermüdend, inmitten Ruinen produzierender Zeiten zu leben, ihnen in ihrer destruktiven Dynamik zu folgen und dann Vergehendem oder schon Vergangenem nachzutrauern. Beklemmung umschreibt nur vorsichtig das Gefühl, das sich, aus der Wahrnehmung kommend, im Körper ausbreitet. Not wohnt neben Scham und jenem Schuldempfinden, das aus dem doch eigentlich besseren Wissen resultiert. Aus dieser Nachbarschaft breiten Schatten sich aus, die bald das Leben durchziehen. Selbst der Himmel scheint nur noch beladen mit Tränenwolken.Das Wandern zwischen den Welten von Sein und Möglichkeit, von Resignation und Aufbruch wird immer einsamer und orientierungsloser. Nur nachts oder in tiefer Stille kannst du hören, … weiterlesen

Wie sag ich’s meinem Kinde?

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Ein Gastbeitragvon Reino Kropfgans Als Claus Eurich mir das Thema als Gastbeitrag nahelegte, kam meine Zusage spontan. Doch die Materie ist komplex und die unausweichliche Konfrontation mit globalen Sackgassen, in die die kapitalistische Weltordnung uns geführt hat, lässt nicht nur mich, sondern Philosophen, Künstler, Literaten, Ökonomen oder Politiker in allen Teilen der Welt über Auswege aus dieser so hoffnungslos erscheinenden Lage nachdenken.Die vor über 70 Jahren gängige Frage: Wie sag ich’s meinem Kinde?, betraf zunächst die peinlich berührten Eltern zu Beginn der sexuellen Revolution bei der Aufgabe, ihre Kinder schamfrei aufzuklären. Heute eröffnet man den Kids damit andere unangenehme Tatsachen. … weiterlesen

Seid wachsam…

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Auf einem Jesus-Wort ruht der Advent:Seid wachsam,denn ihr wisst nichtwann ich kommen werde… Wachsamwahrnehmungsfähigdie Sinne bereitet Der Innenraumempfindungstiefhochsensibelkurz vor wund Spürendas Bewusstsein überschreitendhineinin das Reich des Geheimnisvollen Signale von dortein Seelenhauchverschweigen sicheiner tönenden Weltprallen abam Schuttvon Lärm, Hektik und Advents-Klamauk Seid wachsam…In Behutsamkeit und Demutder Sehnsucht hingegebennach dem Ungeborenenund wartenden Neuen Seid wachsam…Lichtsensibel für den heiligen Scheindes sich nähernden Kairos Kein Neonkein Glitterglitzerwerksondern Strahlenaus dem Gottesraum Seid wachsam…Bereitet und gegürtetfür den Schritt durch das Torstatt: „Weiter so!“ Verschmelzenmit dem Himmel in dir Beheimatet in StilleGetragen vom Atem der als Odemmit dem Heiligensich verbindet Seid wachsam…Als HaltungUnd empfänglichEinen Engel an der SeiteSelber … weiterlesen