Die Liebe und das Denken

ClausAllgemein

Es wird gesagt, dass die Liebe das Wesentliche im Leben sei. Wenn wir sie nicht haben, ist alles Andere nichts. Augustinus postuliert gar: Liebe – und dann kannst du tun, was du willst…

Das klingt schön.
Oft bleibt es aber nur ein Klang.
Er erreicht uns.
Wir nehmen ihn wahr.
Er dringt jedoch nicht ins Herz.
Er transformiert sich nicht in Empfindungsenergie, die uns ausfüllt, von uns ausstrahlt und anderes Leben berührt..

Dem Menschenreich fehlt die rechte Liebe, die über das Personale hinausweist. Die sich auf das Leben selbst bezieht – Mutter Erde, die Welt der Pflanzen, der Tiere und der Elemente inbegriffen. Vereinigt im Grund der Gründe, das Absolute oder Gott genannt. In diesem Defizit wurzeln die meisten Übel. Und sie führen letztendlich zu Krieg, im Kleinen und im Großen. Ihm folgen Tod, Zerstörung, Leiden und der Verlust von Sinn.

Woran es uns mangelt, lässt sich gleichwohl nicht zwingen. Eine umfassende Liebe schon gar nicht. Denn zu Liebe als Regung des Herzens und Zuwendungsenergie muss ich resonanzfähig sein. Es wäre schon viel, das zu verstehen. Dann könnten aus einem umfassenden Verständnis heraus Schritte der Annäherung folgen.

An dieser Stelle lohnt es, einen Gedanken von Albert Schweitzer ins Spiel zu bringen. Er betont die Denknotwendigkeit von Ethos und Liebe zum Leben. Denknotwendig muss sich das erschließen lassen und ins angemessene Handeln führen, was einer reinen Liebe wie selbstverständlich entspränge. Dahinter kann man einen besonderen Gedanken spüren. Durch das vernunftgemäß angemessene Handeln und die dienliche Zuwendung zum Leben kann sich in der Folge ein Gewebe aus Erfahrung bilden, welches mein eingeschränktes Feld der Liebe schrittweise erweitert.
Liebe kann unerwartet aufblühen. Sie vermag aber auch durch Annäherung und Gewöhnung langsam zu wachsen.

Ein Mensch spürt gegenüber einem fremden Menschen, der aus einem anderen Kulturkreis stammt, Ablehnung. Aus diesem immer noch tief in unserer Evolution beheimateten konditionierten Reflex, heute oft unreflektiert Rassismus genannt, folgt Abgrenzung. Sie ist zunächst ein bloßes Gefühl, bevor versucht wird, dieses Gefühl zu rationalisieren und vor sich selber und anderen zu rechtfertigen. Hier setzt dann die Denknotwendigkeit ein. Sie mündet in Selbstreflexion und Fremdverstehen. Beide sind Voraussetzung für eine freie Begegnung. Diese wiederum schafft ein Band zwischen Ich und Du. Aus ihm können Vertrauen und Zuneigung erwachsen und daraus jene Form von Liebe, die einfach das Andere akzeptiert – als Leben inmitten von Leben.

Solche Liebe mögen wir als Seinsessenz bezeichnen. Sie nimmt die Dinge, wie sie sind und integriert sie. In einer Haltung der Ehrfurcht. Das Leben und das Sterben, das Geben und das Nehmen, das Gelingen und das Scheitern, die Stärke und die Verletzlichkeit, die Nächste und den Fernsten.
Solche Liebe ist gekoppelt mit dem Geist. Nüchternheit ist ihr kein Makel. Vielmehr hilft diese der Klärung bisweilen irritierter Empfindungen.

Liebe auf allen Ebenen durch direkte Begegnung und reflektierte Annäherung lernen, auch die Gottesliebe selber – so kann man das Grundgesetz des Christentums umschreiben. Als Mitgefühl und Freude und damit Quelle des Glücks und des Erwachens prägt es auch den Buddhismus.

Die Verbindung von Geist und liebender Zuwendung definiert die Metatugend überzeitlicher Weisheit. Sie ist der Schlüssel für unsere Zukunft als Mensch und Menschheit.

Das ist von uns gefordert.
Das können wir geben.
Das ist unser Weg.
Denn das ist unser Sinn.

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