„Die Zeit ist kurz,
um Beweise unserer Liebe zu geben,
und wir leben nur einmal.“
Dem Priester, Mönch und Seelsorger Maximilian Kolbe, der am 14. August 1941 in Auschwitz ermordet wurde, verdanken wir diesen Satz. Unscheinbar kommt er daher, wie so mancher Kalenderspruch. Doch Kolbes Leben gab Zeugnis für die Aussage. Und genau darin liegt die Botschaft. Zeugnis geben für das, was wir als Liebe empfinden. Ja durchaus noch mehr: Zeugnis geben für das, was die Liebe von uns fordert, selbst wenn unser Herz noch nicht berührt ist.
Die Liebe hat eine wesenhafte, grundsätzliche Seite – als das Werde-, Bewahr- und Wandlungsprinzip der Schöpfung und des Lebens. Hier steht sie für die Urenergie, aus der Begegnung, Zuwendung, Fürsorge, Pflege, Selbstlosigkeit und Hingabe ins Sein fließen.
Daneben existiert die persönliche Seite. In ihr richtet sich das Wesenhafte der Liebe auf unser Nah- und Empfindungsumfeld und formt sich entsprechend personal aus – den Eltern, Kindern, Lebenspartnern, und manchmal auch dem nichtmenschlichen Leben gegenüber.
Zumeist erschöpft sich in Teilen davon zeitlebens unsere Liebesaktivität. Und nicht selten wird eine spezielle Liebe über andere Liebesnotwendigkeiten gestellt und begründet so, ja rechtfertigt unsere Trägheit, Enge und Nachlässigkeit.
An sich sind wir als Ausdruck des Schöpfungswillens unbegrenzt liebesfähig. Wären da nicht unsere konditionierten und die kulturell geprägten Reflexe; wären da nicht das abweisende Ego und der Drang zum Vergleichen; wäre da nicht die selbstverschuldete Unmündigkeit unserer potentiellen Größe gegenüber.
Unsere mögliche Liebesgestalt will in ihrer Grundsätzlichkeit erinnert und in ihrem Lebensgewand immer wieder neu entworfen werden. Beharrlich. Der dafür erforderlichen Reflexion muss es allerdings gelingen, vom kleinen Ich her kommend in das große universale Selbst zu reichen. Dort wartet der Geist wechselseitiger Verbundenheit mit allem Sein. Dieser Pfad jedoch ist steil. Und er benötigt eine erhebliche Strecke unseres Lebensweges.
Wir kennen nicht die uns gegebene und normalerweise auch nicht die uns verbleibende Zeit. Bisweilen scheint sie zwar lang. Doch immer ist sie zu kurz, was die Bereitschaft, den Willen und die Kraft zur Selbstüberwindung anbelangt – um unsere unbegrenzte Liebesfähigkeit in einen Ausdruck hinein zu befreien. Das spricht Maximilian Kolbe an.
Unser Leben ist ein Übungsweg, eine Reise auf dem Ozean uferlosen Seins. Jeder Moment hat seine eigene Bedeutung. Und „das Segel ist die Liebe“, wie Johannes Tauler (1300 – 1361) einst schrieb. Die Beweise unserer Liebe bedürfen keiner großen Geste und keiner Aufmerksamkeit „von Außen“. Still, aber kontinuierlich entspringen sie einer Haltung, die uns trägt. Solche Haltung ist selten einem Menschen einfach so mitgegeben. Selten macht sie uns von vorneherein heil, ja vielleicht „heilig“. Sie ist ein Ringen, im Zusammenwirken und Zusammenfallen von Herz, Seele, Geist und Verstand. Die Zeit, auch wenn sie kurz ist, sollte dabei nicht als bedrängender Feind angesehen werden, nicht als drohendes Strafgericht. Eingeladen, öffnen sich in ihr vielmehr die Fenster der Liebe. Es braucht nichts weiter, als diese dann hineinzulassen.
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