Bei aller Gewissheit sanft umfangen zu sein, bleibt eine Beunruhigung in der Stille. Sie hängt mit jenem Licht zusammen, das Geborgenheit ausstrahlt und zugleich etwas Abgründiges hat; etwas Unverstandenes, das auf die Grenze der eigenen Verstandesmöglichkeiten unmissverständlich verweist. So wie letzte Hoffnung der Erfahrung tiefer Hoffnungslosigkeit bedarf; so wie himmlisches Glück in der Begegnung nur erfahren kann, wer sich schon einmal von metaphysischer Einsamkeit als Wegschwester begleitet sah.
Wahre Stille, auch Kontemplation genannt, fordert ein Ja von uns, eine Zustimmung zur Welt zwischen der Tiefe des Abgrunds und dem sonnenbeschienenen Gipfel. Solche Zustimmung kann nicht immer aus einem fröhlichen Herzen kommen. Sie will manchmal durchlitten und errungen, ja wahrhaft erkämpft sein im nicht selten tobenden Meer, das sich Stille nennt, und das wahrlich auch mit anderem zu konfrontieren vermag als „Glück“.
Oder verstehen wir Glück nur falsch, bzw. unvollständig?
Gehört nicht zum Glück über das Geschenk, da sein zu dürfen, auch das unvermeidbare sogenannte „Unglück“? Oder ist dieses einfach nur ein unglücklicher Begriff…
Glück kann nur erleben, wer zum Unglück Ja sagt. Stille nur kontemplativ empfinden, wer sich der lärmenden Zerrissenheit der Welt stellt und sie annimmt.
Es geht in unserer Blickweise also immer um das Gesamt, aus dem heraus wir Empfindung authentisch wahrnehmen können. Verleugnen oder diffamieren wir das Gesamt bzw. spalten Zugehöriges ab, trennen wir uns zugleich von jeglichem Zugang zur Tiefenerfahrung und einem entsprechenden Seinsverständnis.
Ja-sagend im Gesamt zu verweilen, eröffnet überhaupt erst die Möglichkeit, sich in Stille zu versenken, ja hinzugeben. Du kannst der Mühsal und der Unrast nur vorübergehend entfliehen, wenn Du sie zugleich akzeptierst. Die Gnade überzeitlicher Schau leuchtet auf den Halden durchlebter alltäglicher Verlorenheiten und Betriebsamkeiten. Ein winziger Augenblick dieser Schau vermag innerhalb der Spanne eines Lebens allerdings Unverstandenes, Verwirrtes und in die Leere der Dinge Fehlgeleitetes zu erlösen. Nennen wir diese Erlösung wahres Glück. Zumeist auf Dauer ersehnt, als eine Art Ewigkeitsenergie, verbleibt dieser Zustand jedoch lediglich als ein herausragender Moment. Zur Dauer von Solchem ist der Mensch nicht fähig.
Trotzdem hält dieser Moment, dieser Augenblick der Seele, etwas Unvergängliches. Es bewahrt sich als Erinnerung, verbunden mit der in ihr ruhenden Gewissheit, keiner Täuschung unterlegen zu sein. Das trägt. Und so wird dieses kometenhafte Glück dann doch zu etwas Dauerhaftem. Und für genau diese Erfahrung lohnt es sich, die Anfechtungen, die in jeder Stille warten, ja die sich oft vor sie stellen um ein Betreten zu verhindern, durchzustehen. Für das Momentum kontemplativen Einsseins.
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