Im Gegensatz zu Analysen taugen historische Analogien de facto für nichts. Denn alles ist einzig. Ein jedes Jahr, eine jegliche Stunde, ein jeglicher Mensch und das geschichtlich-kulturelle Feld sowieso. Selbst wenn es in Traditionslinien beheimatet ist, besitzt das momenthaft Aufscheinende etwas nur ihm Zugehöriges.
Lebensenergien – biologisch, organisch, sozial und kulturell – befinden sich in stetem Wandel. Nichts zwischen Himmel und Erde ist davon ausgenommen.
Der Vergleich arbeitet Unterschiede heraus, gewiss.
Doch tötet er auch unvermittelt Eigenheiten des Unmittelbaren.
Er blockiert Potentiale, die nach Freiheit und Verwirklichung streben.
So verbiete sich ein: „Das ist wie …“
Von schleichendem Selbstmord kann gesprochen werden, wenn Menschen sich zeitlebens mit anderen vergleichen oder gar an ihnen messen. Was selbstredend keine Gegenrede dazu ist, sich Vorbilder zu nehmen…
Welche Bürde mag es für Kinder sein, wenn Mutter oder Vater als Maßstab missbraucht werden. Was für ein unbedachtes Gerede, dieses: „Ganz wie der Vater“ oder „Ganz wie die Mutter“.
Was meint dieses „Wie…“, das suggeriert, etwas verstanden zu haben und durch das „Ganz“ keinerlei Spielraum mehr lässt. Oft wird Kindern das an Eltern gemessen werden und was das mit ihnen machte, erst in fortgeschrittenem Alter bewusst.
Du bist Du,
in Dein Leben gestellt,
bei Deinem Namen gerufen,
mit Deinem unverwechselbaren Lebensauftrag,
mit Deinen Stärken, Deinen Schwächen, Deiner Schönheit und Deinen Schatten.
Und dieser dort ist ein Eigener wie Du.
Und Jene gewiss ein Unikat. Nimm ihr das bitte nicht, in dem Du sie vergleichst – mit wem oder was auch immer.
Der Vergleich und der Verweis auf Gewesenes gleichen einem Fluchtmodus. Flucht aus der Notwendigkeit, Gegenwärtiges und sich Ankündigendes unvoreingenommen und einfühlsam anzuschauen. Was ja noch einmal etwas grundlegend anderes meint, als zu analysieren.
Zunächst will alles doch in seiner Tiefe und wie es sich selbst gemeint sieht, verstanden werden, bevor Urteile in seine Entwicklung intervenieren.
Als Zeitgeist-Erscheinung erleben wir die Unart, mit dem Verweis auf historische Singularitäten des Grauens das mundtot zu machen, was sich im Gegenwärtigen dem Mainstream nicht fügt.
Oder Defizite des Aktuellen herauszustellen, indem auf vorgeblich glorreich Gewesenes mit belehrender Geste gedeutet wird. Auf präpotente Weise sieht sich so präzises Hinschauen blockiert.
Stigmatisierende Begriffe kleben an Begebenheiten. Sie verkleistern einen unbefangenen Zugang zu Lebensphänomenen. Diskurs ist nun verbannt. Denn Hermetik in der Begriffswahl erstickt nicht nur das freie Reden. Es lähmt zuvor bereits das Denken.
Das Unbekannte, Überraschende und Ungewöhnliche durch Vergleiche vorverurteilt, bleibt kaum Spielraum mehr für Phantasie und die scheu sich noch verborgen haltenden Möglichkeiten. Einmal durch Vergleiche argumentativ beschmutzt, kann es gar passieren, dass selbst das außergewöhnliche Edle nicht mehr an seine Reinheit und Berufung glaubt.
Wozu taugen Vergleiche dann überhaupt?
Sie scheinen angemessen nur, wenn dem Unsagbaren, dem in Worten kaum zu Präzisierenden, ein Bild an die Seite gestellt wird, um wenigstens ein Erahnen, eine Idee zu ermöglichen. Gleichnisse nennen wir das dann. So wie dieses: „Das Himmelreich ist wie ein Senfkorn, das ein Mann auf seinen Acker säte. Es ist das kleinste von allen Samenkörnern; sobald es aber hochgewachsen ist, ist es größer als die anderen Gewächse und wird zu einem Baum, sodass die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen nisten.“ (Matthäus 13, 31-32)
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