„Komm, komm, wo immer du gerade bist!
Wanderer, Andächtiger, Liebhaber des Abschieds.
Es spielt keine Rolle.
Unsere Karawane ist kein Ort der Verzweiflung.
Komm, komm, selbst wenn du deine Gelübde
schon tausendmal gebrochen hast.
Komm, komm trotzdem wieder, komm!“
(Inschrift auf dem Grab von Mevlana Dschelaleddin Rumi in Konya)
Manchmal erscheint Leben als Leiden
wird Überfluss zur Last
verzehrt Mangel die Zuversicht
Mangel an Lebensfreude
an liebender Zugewandtheit
an Geborgenheit
an Vertrauen
Besinnung führt dich in Rebellion
Sie lässt aufstehen
vom Krankenlager des Bewusstseins
Schickt mit guten Vorsätzen
auf die nächste Etappe
der Lebensreise
Um erneut in Scheitern zu enden
sich wiederholender Ohnmacht
und einer sich beugenden Geste
der Resignation
Du ziehst dich zurück
neigst zum Selbstausschluss von Gemeinschaft
als verlorenes Kind
der langen Karawane
die dem Nordstern folgt
Angst schleicht in die Seele
verdrängt letzte Zuversicht
Bis eine unsichtbare Hand
gebietet wieder aufzustehn
den Staub der eigenen Geschichte abzuschütteln
dem Ruf der Sehnsucht zu folgen
ohne Blick zurück
Den Umrissen nacheilend
der am Horizont
langsam wegsinkenden Konturen
jenes Pilgerzuges
der zur heimatlichen Oase strebt
Es wartet kein strafender Gott auf dem Weg
Kein Stigma brennt auf deiner Stirn
Die neue Freiheit eingehüllt
in Lichtstrahlen der Liebe
aus kommender Welt
Du musst die Anderen nicht sehn
bist immer in Gemeinschaft unterwegs
auf ewig verbunden
solange „ewig“ meint
dass es noch Leben gibt
Deine Bewegung eine Spirale
Sie führt zu höherem Niveau
immer etwas feiner
immer etwas heller
Das Dunkel bleibt zurück
und verblasst
Erneuter Absturz
vermag das Gesetz des Aufstiegs
nicht zu durchbrechen
Es ist nur ausgesetzt
für eine kleine Weile
auf unserer kleinen Reise
Also noch einmal:
Komm…
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Das Rumi-Zitat ist entnommen:
Beatrice Grimm/Willigis Jäger: Die Flöte des Unendlichen. Holzkirchen 2016, S.100