HinGabe

ClausAllgemein

HinGabe

Dass Geben eins sei mit Empfangen, gilt als eine tiefe spirituelle Wahrheit. Wie wir geben, so werden wir empfangen; ein Grundsatz, der dem universalen Gesetz der Resonanz folgt. Doch es schwingt in dieser Sicht, wenn sie uns zum Geben ermuntern oder auffordern will, etwas Unschönes mit: die Zweckhaftigkeit, die Nützlichkeit, das „um zu…“ und eine darauf bezogene Erwartung – also das, was auf den uneigennützigen Selbstwert des Gebens einen Schatten wirft.

Ich möchte stattdessen das Geben in den Kontext der heutigen Weltsituation stellen und es von jeglicher Erwartungshaltung befreien. Geben können wir dann verstehen als HinGabe in einem tieferen Sinne.

Wir sind selber Gegebene, ein Geschenk des Lebens an sich selbst. Und so betrachtet, gehören wir uns nicht, sondern sind Teil des universalen Flusses aus Sein und Werden und Vergehen. Es wartet dann in dem, was wir das Leben nennen, nichts Wichtigeres und zugleich Selbstverständlicheres, als uns in diesem Fluss zu verströmen. Der Tropfen geht bewusst im Ozean auf und reklamiert nicht sein selbstgefälliges Eigensein. Gerade in diesen Zeiten, in denen die Zukunft der Menschheit an sich auf der Kippe steht und so gut wie nahezu alles für ein baldiges Ende der menschlichen Zivilisation in der uns bekannten Form spricht; gerade jetzt ist es gefordert, dass wir alles, was wir an schönen und edlen Kräften und Möglichkeiten in uns tragen, zum Leben und Überleben hin entwickeln und verschenken. Wir geben einfach bedingungslos frei, was uns auch ohne Bedingungen gegeben wurde und sich in uns formen durfte. All diese schönen Kräfte in uns braucht die Erde in diesem Moment, ohne Gegenerwartung. Und im Letzten schenken wir es ja uns auch selber und den nach uns Kommenden.

Weltweit sind wir so gepolt, dass wir in Eigentumsbegriffen denken, die zwar entwicklungsgeschichtlich erklärbar, gleichwohl paradox in höchstem Maße sind. Keinem Lebewesen gehört Land und Boden an sich; keiner kann den in ihm ruhenden Geist als nur für sich reklamieren; niemand hat ultimative und ausgrenzende „Rechtsansprüche“ auf seine kulturell erworbenen Fähigkeiten und Gaben. Alles kommt aus dem Ganzen und steht in seinem Dienst. Im Bewusstsein dieses Verfügtseins, kann ich mich dann entfalten. Im Dienst am Leben entsteht meine Freiheit!
In einer solchen Blickweise muten dann Claims, Patente, Copyright-Ansprüche etc. als das an, was sie auch sind: eine evolutionär spätpubertäre Regung. Alles, was dem Leben dient, braucht einen unbegrenzt freien Zugang um unbeschränkt überall wirksam werden zu können. Nur wenn dies in unsere kulturelle Evolution ohne Hindernisse und Regulierungen einfließen kann, vermögen wir vielleicht den erforderlichen gigantischen Bewusstseins- und Entwicklungssprung zu vollziehen, der in das Wunder der Transformation unserer Gattung hineinführen mag. Und ohne dieses Wunder kommen wir nicht davon. Kein Gutes ist dafür zu klein, kein erhabener Impuls von uns vergebens. Nebenbei gewinnen wir in dieser Mutation unseres Menschseins das Größte, das es zu gewinnen gibt: den Schritt vom kleinen Ich zum großen Selbst. Mit ihm geht das Erwachen einer entsprechenden Selbstachtung einher, die aus der Achtung dem Leben an sich gegenüber erwächst. Nun können wir den vielfältigen Lebensprozessen wieder ins Gesicht sehen und uns in diesem Gesicht selber erkennen.

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