Verwaist und beraubt

ClausAllgemein

 

An manchen Tagen begegnet mir unausweichlich das von Van Morrison gesungene Negro-Spiritual:
Sometimes
I feel
Like a motherless child
Long way from my home

https://my.mail.ru/mail/yagoda-7401/video/646/649.html

Es singt sich ungewollt meistens dann in das Bewusstsein ein, wenn in der Stille die Bilder all derer aufsteigen, die gegangen sind in den vergangenen Jahren; nicht nur Vater und Mutter, auch viele der besten Freunde und Weggefährten.

Jenseits aller Rationalität und Vernünftigkeit im Umgang mit dem Tod ist dann jene Leere als Sehnsuchtsschmerz spürbar, die kein tröstendes Wort ganz füllen kann.
Etwas ging, für das es keinen Ersatz gibt:
ein Teil auch deines eigenen Lebens, ja deiner Identität im Miteinander-Sein;
ein Teil auch deines Empfindungskörpers, der Berührungen an Leib und Seele; ein Teil auch deiner Hoffnungen und Perspektiven, so sie auf das Du gegründet waren…

Dann leben gleichsam drei Wesenheiten in dir. Es sind einmal die Energieräume des Gewesenen und dessen, was dir nun fehlt. Du fühlst dich dort dann manchmal wie verwaist und brutal beraubt.
Es sind aber auch die Energieräume des Gegenwärtigen, die dich ins Miteinander stellen mit den Gebliebenen und immer wieder neu Hinzukommenden. Sie halten dich im Leben und in der Fülle und der Sinnhaftigkeit deines Seins.
Und es ist schließlich der Energieraum der Synthese aus beiden und der Öffnung hin zu einem Höheren. Hier verschmelzen Empfangen und Loslassen, Sein und Nichtsein, Leben und Sterben, Erscheinen und Verwehen zur Einheit im Essentiellen.
Dieser Raum öffnet sich einen Spalt schon im rechten Denken und Verstehen. Doch betreten und in ihm wohnen kannst du nur, wenn du in deinem Atem versinkst; wenn du Ein- und Ausatem als lebendes Symbol für Leben und Sterben erst denkst, dann empfindest und dich dann diesem Rhythmus des Universums bedingungslos anvertraust.

Es ist dies die kontemplative Übung, die jeden neuen Tag beschenkt und ohne die den Lebensstunden die Ausrichtung fehlte und damit das Tragende.

Singt sich das Lied in den Zeiten der Stille und den Stunden der Traurigkeit dann wieder in dich hinein, lässt du dich fallen im kosmischen Atem. Die Melodie wird dann leiser, ohne ihre melancholische Schönheit ganz zu verlieren. Und gleichzeitig steigt eine größere, ewige Verbundenheit und ein größeres, transzendentes Miteinandersein in dir auf.
Du spürst nun:
Es ist gut so…

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