Je mehr ein überkommenes Selbstverständnis nach dem anderen ausgehöhlt kollabiert, desto berechtigt dringlicher ist die Sehnsucht nach Gewissheiten von Bestand. Wie unsicher die Welt auch sei und weiter werde – es muss Orientierung geben, die davon unberührt bleibt. Sie sollte dem Menschen in überzeitlichem Sinne sein Grundverständnis halten und es ihm ermöglichen, sich trotzdem fortwährend neu zu entwerfen – ohne dabei verloren zu gehen.
Dieses war über Jahrtausende Aufgabe und Alleinstellungsmerkmal der Religionen und wesentlich aus ihnen hervorgegangener Weisheitsschriften. Sie haben ein Universum von Geschichten geschaffen und damit Geschichte geschrieben. Doch auch dieses Firmament verblasst. Um so bedeutender ist jenseits einer peniblen und oft starrsinnigen Pflege von Besonderheiten die Suche nach dem Verbindenden und Überstrahlenden, ohne dabei den kulturellen und historischen Hintergrund völlig zu verwerfen.
Ich möchte dies in den kommenden Beiträgen mit den fünf Trinitäten versuchen. Sie sind untrennbar ineinander verwoben. Dabei ziehe ich Anleihen, auch begrifflich, vornehmlich aus dem Christentum, meinem spirituellen Heimatraum mit heran, werde diese jedoch transzendieren. Das scheint mir übrigens auch ihr wesentlicher Sinn zu sein. Der Christusimpuls und Enge oder gar Dogmatik passen nicht, und sie gehören nicht zusammen.
Die Basis – Eins: „Vater“, „Sohn“ und „Heiliger Geist“
Vater – von Jesus so benannt, respektvoll, liebevoll, fast schon familiär. Vor allem aber verständlich für eine patriarchale, im Wesentlichen analphabetische Kultur vor 2000 Jahren. Vater ist kein Eigenname für das Unsagbare und Unbenennbare, für den unergründbaren Wesens-Urgrund, den Schöpfungsimpuls, die Werde-Intelligenz mit dem Nicht-Namen „Gott“. Aus der Benennung durch Jesus spricht die Beziehung zu diesem Urgrund, das Bewusstsein der Verbundenheit mit der Quelle aller Resonanz im Universum, mit dem „Göttlichen“. Dieses bleibt unbestimmbar, aber eben doch empfindbar. Einerseits undenkbar, wird es spürbar als Präsenz, wenn Resonanzfähigkeit im kontemplativen Raum hergestellt ist, oder in der Natur, oder inmitten des Lebens, oder als zerfließendes Bewusstsein im kosmischen Raum. Es geht also nicht um eine nach unseren Bedürfnissen konstruierte Herrscher-Gottheit, die immer dann angerufen wird, wenn wir uns überfordert fühlen, zu versagen meinen oder unserer Verantwortung nicht gerecht werden. „Vater“, das ist der göttliche Impuls als Schöpfungsliebe. Diese ist vielleicht nicht allmächtig, doch unwiderstehbar, wenn der Mensch sich ihr öffnet und den Weg bereitet.
Sohn – die Inkarnation der absoluten Liebe und der Versöhnung als Werdegrund in einer menschlichen Gestalt. Von der „Selbstmitteilung Gottes“ sprach Karl Rahner. Weil das Absolute sich im Relativen, im Leben zu erkennen gibt, kann von einer Erlösergestalt gesprochen werden. Das fließende göttliche Licht in einen konkreten Menschen hinein und durch ihn hindurch, hat sich wohl mannigfach in der Geschichte ereignet, vielleicht als solches sogar manchmal unerkannt. So heißt es ja in der Hebräischen Bibel, dass Gott sich allen Völkern jeweils durch ihre Propheten mitteilt. In dem „Christus“ genannten Jesus von Nazareth kam dies in größter Authentizität zum Ausdruck. Er zeigt den Weg, die Wahrheit und das Leben, potentiell für jeden einzelnen Menschen. Sohnschaft, oder besser: Kindschaft, spricht von der Berufung zum Außerordentlichen, zur umfassenden Liebe hin. In ihr kann jede Spaltung überwunden werden und neue Einheit wachsen. Damit ist dem Menschen alles gegeben! Der „Rest“ liegt in seiner Verfügung. Er wird nicht bereitet durch eine äußere allmächtige Instanz.
„Heiliger Geist“ – als jene Substanz oder besser Energie, die den göttlichen und den menschlichen Bereich verbindet. Das geistige Universum, dessen wir vor allem in der Stille teilhaftig werden können, mag als formloses Resonanzfeld verstanden werden. In diesem wirken das Absolute, das Göttliche und die geistigen Mächte, derer sich die Menschen oft gar nicht mehr bewusst sind.
„Gott ist Geist“, wie Jesus betonte. Im Geist und durch die geistigen Felder wird das Absolute, das Unbegrenzte spürbar, der Mensch berührbar und spirituell zu einer Erfahrung befähigt, die seine Personalität überschreitet. Wenn er im Menschen Wohnung nimmt, führt dieser Geist in eine tiefe Lebendigkeit, in der alles sich miteinander verbunden sieht. Die Öffnung zum geistigen Raume hin, verbindet mit Erfahrungen und Einsichten, die dem bloßen Denken auf der Basis von Erlerntem und von Gewohnheiten verschlossen bleiben.
Geist in diesem Sinne ist ein eigenes Element, eine Sphäre, die mit dem Bewusstsein verschmelzen kann. Geschieht dies, ist der Mensch in einem tieferen, transzendenten Sinne heil, heilig, ganz und damit lebendiger Ausdruck der Einheit von „Himmel“ und „Erde“, von Transzendenz und Immanenz, von Zeitlichkeit und Ewigkeit.
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