Die fünf Trinitäten: Zwei

ClausAllgemein

Der Weg, die Wahrheit und das Leben

Als Weg, Wahrheit und das Leben bezeichnet sich Jesus im Johannes-Evangelium. Er bringt damit das Wesentliche seiner Berufung in eine Formel, die für jeden Menschen, unabhängig von der spirituellen, geistigen Orientierung, einen Maßstab bilden kann. Was lässt sich daraus ableiten?

Der Weg liegt vor uns als eine Symbiose aus Aktion und Kontemplation. Den großen Reden und dem heilenden Handeln ging in der Erdenzeit des Propheten aus Nazareth der Rückzug in die Stille voraus, in den geistigen Raum des Absoluten. Das zieht sich bis in die Nacht der Entscheidung, bis in die Konfrontation mit der Unausweichlichkeit des nahenden Todes. Kraft und große innere Klarheit kommen aus der kontemplativen Besinnung und einer Haltung der Offenheit, des inneren Hörens und der Hingabe. Gottessehnsucht hält in dieser Haltung. Sie führt in das Bewusstsein des Eins-Seins und in das Eins-Werden mit sich selbst. Daraus erwächst das rechte Tun. Dazu gehört aber auch ein überzeitlicher und übergeordneter Blick, eine Metaperspektive, die sich jeglichen Verfangenheiten und emotionalen Verstrickungen widersetzt.

Es erfordert schon unbegrenztes Selbstbewusstsein und SELBSTgewissheit, die Wahrheit für sich zu reklamieren. Denn Wahrheit ist ein Absolutheitsbegriff und zielt auf das Ganze. Für den Menschen als etwas Begrenztem ist dies immer nur in Annäherungen vorstellbar und möglich.
Anders sieht das in den Fällen aus, wo es nicht um eine Wahrheit an sich geht, sondern um Wahrheiten, die auf den Menschen und seinen Weg durch die Zeiten bezogen sind. Hier kommen die überzeitlichen Weisheiten und kardinalen Tugenden ins Spiel, die für das menschliche Handeln unhinterfragbar und von innen her wahr sind. Auf sie nehmen die sogenannten „Herrenworte“ Bezug, etwa in der Bergpredigt und auch in den „Gleichnis“ genannten Erzählungen. Sanftmut, Geist des Nichtverletzens, Liebe, Empathie, Vergebung, Einfachheit und Lassen wären hier vorbildhaft zu nennen.
Wahrheit zeigt sich dann als ein zutiefst an den menschlichen Erfahrungsweg gebundener Prozess. Sie kann eher als fließendes Licht denn als in Stein gemeißeltes Wort gesehen werden. Einstmals als Orientierung und Verpflichtung benannt, tritt sie uns im Jetzt gegenüber und bewährt sich dort. Von diesem fließenden Licht durchstrahlt, steht ein Mensch in der Wahrheit des Seins, auch ohne sie vielleicht kognitiv angemessen erkennen und in Worten ausdrücken zu können. Solche Wahrheit hat weniger mit Wissen als vielmehr mit Gewissheit zu tun.
Nehmen wir als Beispiel die Liebe. Sie ist absolut, auch wenn wir sie, evolutionär bedingt, immer noch allzu oft sentimental reduzieren. Liebe ist der Ursprung von allem, und sie schließt nichts aus! Sie ist gelebte und empfundene Verbundenheit – personal, transpersonal, alles Leben umfassend, kosmisch. Nur was aus Liebe dem Leben und dem Sein im umfassenden Sinne dient, kann für den Menschen in einem tieferen Sinne wahr sein.

Das Leben ist ein Hindurch. Es fließt in unendlichen Schattierungen zwischen dem Licht der Weihnacht und dem Dunkel der Seele, zwischen Golgatha und Auferstehungsgeschehen, zwischen Anfechtung und Standhaftigkeit. Die Bewegung innerhalb dieser Schattierungen ist eine gewaltige Herausforderung. Denn die Schritte des Lebens führen nicht nur durch sonnenbeschiene Landschaften, sondern auch die dunklen und kalten Täler. Beidem gilt es sich in ihrer Einheit zu stellen, sie zu durchleben und zu akzeptieren wie Tag und Nacht, Gut und Böse, Leben und Sterben. Eine kontemplative Lebenshaltung erdet den Menschen dabei und schafft einen inneren Raum für die Berührung durch den Geist der Liebe und der Klarheit. Sie vermag, entsprechendes Vertrauen vorausgesetzt, zur Fülle zu führen, die alles enthält. In jedem Moment kann diese aufscheinen, nicht zuletzt als Empfindung und Gewissheit der Geborgenheit. Was auch im Äußeren geschehe…

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