Einer im Rausch der Gewohnheit torkelnden Menschheit, vertrauend, dass alles so bleibe und möglichst gar noch besser, satter und abwechslungsreicher werde, setzen die gegenwärtigen Widerborstigkeiten des Lebewesens Erde zu. Endzeitszenarien haben Konjunktur. Der allmähliche Untergang wird denk- und damit aussprechbar, befeuert durch die steigende Vernunftfremde, ja Irrationalität unseres Denkens und Handelns inmitten der Krisen.
Die Menschheit als Zweig am Baum der Evolution wird allerdings kurzfristig wohl kaum untergehen, auch wenn sie auf Dauer, wie alles, nicht dem Gesetz von Werden und Vergehen entkommen kann. Der Zweig jedoch wird weniger Früchte tragen. Viele Bewohner der Erde, nicht nur die vom Menschen ihrer Lebensgrundlagen beraubten, sondern seitens der Menschheit selbst, werden die kommenden Lebensbedingungen und auch Katastrophen nicht überleben. Bald schon werden wir deutlich weniger werden, entgegen aller Bevölkerungsentwicklungsprognosen, die lediglich linear einen weiteren Anstieg berechnen. Das zivilisatorische Modell, das uns bis hierhin trug und das Segen und Fluch zugleich ist, wird kollabieren und damit die Welt, wie wir sie kennen. Das ist die „Ernte“ des selbst Gesäten. Es hat sich überlebt, seine positive Aufbauenergie verloren, blutet aus.
Zumindest aus dem Blickwinkel allen nichtmenschlichen Lebens ist dies allerdings nun wahrlich kein Verhängnis. Es wird der Gesundung von Mutter Erde dienen. Und ein Lamento darüber stimmt eh nur der Mensch in seiner pathologisch anmutenden und oft so empathielosen Selbstbezüglichkeit an. Auf dem Rest von Raumschiff Terra wird man das erleichterte Durchatmen hören. Und schon im Verschwinden mancher Verbraucher, Ausbeuter und Peiniger wird die Regeneration ihren Lauf nehmen.
Sind solche Worte bzw. Thesen zu steil, um Ernst genommen zu werden? Oder nehmen sie lediglich nüchtern den sich abzeichnenden Lauf der Dinge zur Kenntnis…
Die Menschen in ihrer deutlich überwiegenden Zahl haben kein schlechtes oder ungutes Wesen. Sie sind lediglich festgebunden in der oft so unglaublichen Macht der Gewohnheiten. Gleichzeitig scheinen viele, zu viele Menschen, gerade in den verantwortlichen Positionen, unfähig, die Zeichen zu sehen. Nein, sie nicht nur zu sehen, sondern ihre innere evolutionäre Logik zu verstehen und damit die Folgen, auf die sie so unmissverständlich hinweisen.
Die Klimafakten mit den Auswirkungen auf große Teile der Menschheit schreien uns bereits täglich an. Das ist kein bloßes Raunen mehr. Die Unbewohnbarkeit und Unfruchtbarkeit breiter Regionen auf der Erde hat längst begonnen. Die zu erwartenden Migrationsströme, die mit den eher sanften Bewegungen der Gegenwart nichts mehr gemein haben werden, bringen vermutlich kriegerische Auseinandersetzungen in neuer Qualität hervor. Denn es werden sich gewaltige Menschengruppen, die nach Überlebensraum suchen, nicht ihrem Schicksal vor Ort ohne Aufbäumen und Aufbruch beugen. Und dort, wo die Lebensgrundlagen noch einigermaßen gut und erträglich sind, wird man sich, gleichfalls nachvollziehbar, abschotten, auch um etwas halbwegs gesunde Erde intakt zu halten und nicht dem massenhaften Verbrauch zu opfern. Das wird die Menschheit in eine noch tiefere Spaltung führen, als wir sie zwischen Nord und Süd bereits kennen.
Gleichzeitig beobachten wir eine steigende Unfruchtbarkeit unter den Menschen. Die Natur, deren Teil wir doch sind, findet immer ihre Wege, sich wieder in neue Gleichgewichte zu bringen, wenn schon der Verstand des Menschen nicht zur Selbstbegrenzung hinreichen will.
Vergessen wir schließlich nicht die menschgemachten Apokalypsearsenale in Form immer effizienterer und sich weiter verbreitender Waffen – und hier vor allem derer im atomaren und biologischen Bereich. Die zivilisatorische Haut wird dünner. Und damit weicht das Tabu sie einzusetzen auf. Eine allzu oft archaische politische Irrationalität spielt dem zu.
Trotz alldem und seiner Offensichtlichkeit bleiben die dominierenden Felder des menschlichen Bewusstseins auf Statik eingerichtet und unbeschadeten Verbleib des Gewohnten. Die Verdrängung wächst proportional zur Bedrohung. Und reißt irgendwo eine sogenannte Naturkatastrophe aus der Komfortzone, möge doch bald alles wieder so werden wie es war.
Gelänge nicht immer wieder ein evolutionärer Blick auf dieses Schauspiel, so wie aus dem Zuschauerraum auf die Bühne, man könnte verzweifeln, oder noch schlimmer, in Zynismus flüchten. Dummerweise bleibt in diesem Schauspiel der Beobachter allerdings zugleich mitspielender Akteur. Es wartet keine andere Wirklichkeit außerhalb des Theaters. Ja es gibt nicht einmal ein „außerhalb“. Was also tun?
Es hat gar nicht so lange gedauert, bis die Menschheit sich an den Punkt gewirtschaftet hat, an dem wir heute stehen. Aber es wird sehr lange dauern, bis ein Weg gefunden ist, die nun hereinbrechenden Folgen in die menschliche Existenzweise und in die positive zivilisatorische Errungenschaft des Humanum zu integrieren; ohne in Nostalgie zu verfallen, sondern stattdessen mit der Erfahrung des Scheiterns den Schicksalshorizont unserer Gattung nach dem schon wartenden Neuen abzusuchen; ohne sentimentale Blicke zurück und ohne sich von dem kommenden Leid narkotisieren oder zerbrechen zu lassen. Einfache und vor allem direkt wirksam werdende Antworten und Lösungen existieren dabei nicht. Es wartet kein anzustrebender Fixpunkt mehr, sondern im besten Falle eine Transformationsdynamik. Sie fordert, frühestmöglich – also jetzt – mit den sich ereignenden Veränderungen demütig mitzugehen, im Fluss zu sein und dabei den Kopf über Wasser zu halten. Unser Planet akzeptiert keine neuen Diktate mehr. Er fordert Anpassung, mahnt, sich dem Lebensstrom anzuvertrauen und bedingungslos einer Ethik der „Ehrfurcht vor dem Leben“ (Albert Schweitzer) zu folgen. Ohne eine große innere Klarheit und ein übergeordnetes Vertrauen wird das nicht gehen, auch wenn das Gewohnte und Geschätzte dabei zwischen den Fingern zerrinnt.
Die fünf Trinitäten mögen in diesem Prozess zur Orientierung beitragen. Sie lehren, dass gleich was geschehe, das Leben auf dieser Erde, ja die Erde selbst, ein unglaubliches Wunder bleiben, in außerordentlicher Schönheit und Erhabenheit. Dies gilt somit auch, wenn wir die wilde und zerstörerische Seite durchleben müssen, der wir wenig werden entgegensetzen können. Letztlich aber dient auch diese dem Leben und seiner Fortentwicklung.
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