Je mehr im Sturm der Wandlung nicht nur Gewissheiten zerbrechen, sondern auch der materielle Boden angegriffen wird, auf dem Existenzen ruhen, desto stärker der Ruf nach Sicherheit vor den Bedrohungen. In Wasser stehende Dörfer, Städte und Landschaften wie zum Jahreswechsel, ganze Länder, in denen verzehrende Flammen sich ausbreiten, wie im vergangenen Sommer, Kriege, die unkalkulierbar ausbrechen und verlaufen, sind Boten bereits verloren gegangener Stabilitäten.
Das Leben war noch nie zu versichern, allenfalls die Vorsorge für das Alter abzusichern. Und das Versichern der materiellen Existenzen und Besitztümer wird in absehbarer Zeit nicht mehr bezahlbar sein. Es zeigt sich jetzt, dass jeder Euro zum Schutz der Erde und der Lebensformen, der in Vergangenheit und Gegenwart jammernd, ja empört verweigert wurde, nun ein Vielfaches einfordern wird. Langfristiges Planen gerät zum Spiel mit Illusionen. Kurzfristiges Klarkommen wird die Handlungsimpulse im Zukünftigen wesentlich bestimmen.
Worauf können wir dann noch vertrauen?
Da bleibt nicht wenig. Schließlich wird das Wesentliche von den sich vollziehenden Ereignissen gar nicht berührt. Vorausgesetzt sei dabei selbstredend, dass Menschen ihre Seinsorientierung nicht lediglich im Äußeren, in den Dingen und Strukturen finden. Dass sie getragen werden vom Kanon des Lebensethos und der darauf bezogenen großen Tugenden.
Wir können Vertrauen haben in die Selbstheilungskraft der Erde und der Prozesse von Werden und Vergehen; auch wenn sie uns morgen mit Anderem konfrontieren werden, als dem uns Bekannten. Was sich in den größeren Bahnen terraner Bewegungen vollzieht, folgt kosmischen Gesetzen und den Regeln des Lebens. Es wird das Beste sein, auch wenn es sich Menschen zunächst durchaus als Schrecken und Verhängnis offenbaren mag.
Wir können darauf vertrauen, Teil dieser Wandlungen zu sein und sie mitzugestalten – in jener herausfordernden Haltung, die sich aus Hinnahme und Ergebung auf der einen und Bereitschaft zum heilenden Wirken inmitten auf der anderen Seite nährt.
Wir können Vertrauen haben in die unsichtbare Verbundenheit mit der geistigen Welt, Vertrauen also darein, nie alleine zu sein – auch jenseits menschlicher Gemeinschaftsweisen. Dieses Vertrauen wächst in einer kontemplativen Kultur der Stille, innerer Offenheit und Ausrichtung.
Wir benötigen Vertrauen aber vor allem in das, was alleine in unserer persönlichen Verfügung steht: eigene Zuverlässigkeit, Beständigkeit und innere Klarheit. Verletzlich und erschütterbar bleiben als Leben inmitten von Leben, ohne den Halt und den Überblick zu verlieren.
Es ist im Letzten ein jesuanischer Weg, in dem das Vertrauen auch die innere Erfahrung aushält, dass die Gebete der Geschundenen auf dieser Erde nicht erhört zu werden scheinen bzw. nicht so, wie man das für sich selber erhofft. Es ist jene Erfahrung, die in dem Satz gipfelt: „Mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“
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